> Gedankenchaos | In pale moonlight

21.07.2018

Gedankenchaos


Slightly off – Zurück in Berlin. Plötzlich wieder alleine, ein kurzer Stillstand. Die Geräusche um mich herum sind gedämpft, trotz des Lärms und Trubels der Großstadt. Da ist einfach eine Distanz zwischen mir und all dem. Gleichzeitig ist es eng hier, unglaublich eng. Mein Zimmer, die Straßen, die U-Bahn, der Alltag, alles fühlt sich weit weg und doch viel zu nah an, beklemmend. Ich sehne mich nach ein bisschen Freiheit, nach einer Reise, nach einem Tapetenwechsel. Und das, obwohl ich über zwei Wochen weg war. Irgendwie raus aus der Zivilisation, raus aus dem Alltag, rein in eine Welt aus Musik, viel Arbeit, wenig Schlaf, Catering, Funkgeräten, Erschöpfung, Freude. Zurück in der Großstadt ist alles irgendwie surreal, zu groß oder zu klein, zu nah oder zu entfernt, zu viele Menschen und doch zu einsam, irgendwie einfach ein bisschen daneben - slightly off. Ich fühle mich wie isoliert. Aber ist das die Stadt oder bin ich das?

Vom verlorenen Halt – Aber von Anfang an. Ich habe mein Studium abgebrochen. Offiziell eher unterbrochen, eingeschrieben bin ich noch. Es war einfach nicht das Richtige, nicht für jetzt und vermutlich auch nicht für später. Bei all der Forschung, dem wissenschaftlichen Arbeiten und der Theorie ging für mich irgendwas verloren. Das Interesse, die Kreativität, der Bezug zur Realität und vor allem der Sinn. Lange habe ich gehofft, das wieder zu finden, das Interesse und die Freude am Lernen, an der Information. Aber irgendwann musste ich mir eingestehen, dass das wohl einfach nicht der Weg für mich ist. Leicht war diese Entscheidung, die sichere Beschäftigung aufgeben und wieder mit nichts Festem dazustehen, in keinster Weise. Eher so, als würde man den Boden unter den Füßen verlieren, den Halt und die Sicherheit. Gleichzeitig stürzten jegliche Versagens- und Zukunftsängste in einem Meer aus Sorgen auf mich ein. Ich muss auch zugeben, wenn ich eines gut kann, dann Dinge zerdenken und mir Sorgen machen.

Die Stadt aus Eisen - Zwischen Musik, Menschen, Arbeit und Natur – Hingegen aller Erwartungen ging dann alles aber sehr schnell, beinahe sogar zu schnell. Seit vier Wochen mache ich jetzt ein Praktikum in der Produktion von Festivals. Splash, Melt, Lollapallooza. Die vergangenen 16 Tage habe ich in Ferropolis verbracht, auf Produktion. 12-18 Stunden am Tag in der Stadt aus Eisen, im Produktionsbüro, draußen, im Cateringzelt, in der Arena, vor und hinter der Bühne. Aufbau, Splash, Umbau, Melt, Abbau. Nur zum Schlafen in der Ferienwohnung gewesen, keinen Supermarkt betreten, nur ab und an nach Dessau gefahren, um Baumaschinen oder Werkzeuge zu holen. Mein Funkgerät von morgens bis abends bei mir getragen und angefangen, mich inmitten des Trubels fast zuhause zu fühlen. Viel Neues gelernt, viel ohne Aufgabe rumgesessen, viele Konzerte gesehen, mit neuen Bekanntschaften gesprochen und beim Melt gute Freunde wieder gesehen. Gelacht, geweint, mich geärgert, mich gelangweilt, gestrahlt, Schmetterlinge im Bauch gehabt, gelebt. Immer umgeben von Menschen und Aufregung und dennoch so viel Freiheit und Natur, die vertrockneten Felder, der Geruch nach Sommer, die Sonne, der See. Das Muster meiner Birkenstocks trage ich auf meinen Füßen, der Staub aus Ferropolis bedeckt noch meine Schuhe. So ganz bin ich auch jetzt noch nicht wieder hier, noch nicht so richtig im Alltag angekommen. Auch wenn es nur zwei Wochen waren, fühlt es sich an, als wäre ich eine Ewigkeit weg gewesen. Wahrscheinlich auch, weil ich erst jetzt dazu komme, die Eindrücke zu verarbeiten, darüber nachzudenken, zu rekapitulieren. Zwischen all den Menschen, der Arbeit und der Musik blieb dafür nämlich keine Zeit, in der Ferienwohnung waren wir nur zum Schlafen, alleine war ich nie.

Chaos – Als die Tage in Ferropolis vorbei sind, ist alles zu still, zu einsam, zu unnatürlich. Ich muss mich erst wieder daran gewöhnen, an die Zeit alleine, an den Alltag, an Berlin. Kaum bin ich wieder hier angekommen, sind auch die Gedanken und Sorgen zurück. Ist es das, was ich machen will? - Irgendwie schon, die Richtung stimmt, das Gefühl passt, die Leute sind super. Aber Produktion? Ich weiß es nicht... Soll ich in vier Wochen die Ausbildung beginnen? Irgendwie geht das zu schnell, ist zu bald, der Zeitpunkt fühlt sich nicht richtig an. Aber die Gelegenheit ist da. Ist es falsch, diese jetzt abzulehnen, wegen diesem Gefühl? Und wenn ich jetzt keine Ausbildung beginne, was mache ich dann nach meinem Praktikum? Kann ich in Berlin bleiben, oder muss ich hier weg? Irgendwie ist alles ein bisschen Chaos momentan, alles ein großes Fragezeichen, alles ein bisschen viel Aufregung und Gedanken. Aber irgendwie ist alles auch ganz schön gerade. Und Sommer.



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